VIEL SCHLECHTE PRESSE FÜR DEN ISLAM UND MUSLIME - ANTIMUSLIMISCHER RASSISMUS

21-04-2024

Eine repräsentative Studie des UEM hat gezeigt, dass der Islam und Muslim*innen in den großen deutschen Medien – Presse wie auch Fernsehen, lokal wie auch national ausgerichtet – nach wie vor insbesondere in negativen Themenkontexten in Erscheinung treten. Diese Konfliktperspektive ist trotz Abweichungen bei einzelnen Medien in der Regel bei Zeitungen stark und im Fernsehen sogar extrem stark ausgeprägt. Während von Muslim*innen ausgeübte Gewalt und auf religiöse Faktoren verengte Debatten um ‚Integration‘ stark im Fokus der Medien stehen, ist gegen Muslim*innen gerichtete und in der Regel rechtsextremistische Gewalt nur ein Randthema. Langfristige Stereotype des Islams (frauenfeindlich, gewalttätig, fanatisch usw.) werden bis in die Gegenwart in den Nachrichtenmedien durch eine selektive Themensetzung reproduziert. Es fehlt eine Diversifizierung der Themenpalette, die konstruktive Aspekte der muslimischen Lebensrealität stärker einbezieht. Muslim*innen treten zudem nach wie vor kaum als Sprecher*innen in Erscheinung und werden in hohem Maße objektifiziert.

Ursachen für Verzerrungen im Medienbild sind in einem anonymisierten Hearing mit führenden deutschen Redakteur*innen ermittelt worden.

 

Im Ergebnis zeigen sich durchaus einige Potenziale und auch positive Veränderungen in deutschen Medien, besonders aber ein großer Reformstau. Zu den Problemen zählen eine begrenzte Sensibilisierung der Chefredaktionen für Muslimfeindlichkeit, ein starker Einfluss kommerzieller Motive, erhöhter populistischer Druck auf Redaktionen, begrenzter Zugriff auf muslimische

Quellen sowohl im In- als auch im Ausland, eine starke Stellung umstrittener ‚Islamexpert*innen‘ als Autor*innen, eine noch immer begrenzte muslimische Diversität in deutschen Nachrichtenredaktionen, Mängel in der journalistischen Ethik und Ausbildung.

Auch christliche Medien haben in sehr unterschiedlicher Intensität an einseitigen medialen Islamdiskursen teil. Entsprechend ist Antimuslimischer Rassismus hier durchaus sowohl thematisch als auch strukturell zu finden. Islam- und Muslimfeindlichkeit unterscheiden sich dort, wo sie innerhalb dieser Medien auftreten, nicht grundsätzlich von vorhandenen antimuslimischen Mustern. Ausgewogene Berichte finden sich z. T. in denselben Medien, die zugleich durchaus auch einseitige oder abwertende Beiträge veröffentlichen. Insgesamt jedoch fehlen Darstellungen alltäglicher Lebenswelten von Muslim*innen.

 

Im Bereich der Medienwirkung weist der bisherige Forschungsstand trotz einiger Lücken darauf hin, dass das verbreitete Negativbild der Medien muslimfeindliche Einstellungen in der Bevölkerung konsolidiert oder sogar verstärkt. Das einseitige, negative Islambild kann zu Vertrauensverlusten bei Muslim*innen wie auch zur Förderung rechtsextremer Gewalthandlungen führen. Muslimfeindlichkeit fällt im Internet sprachlich wie inhaltlich noch drastischer aus als in den Massenmedien. Der UEM veranlasste die bislang größte Data-Mining-Studie zu Muslimfeindlichkeit im deutschsprachigen Netz. Diese warnt vor einer starken Tendenz großer Plattformen wie Twitter, 4Chan, Telegram und Facebook, die Religion des Islams sowie Muslim*innen pauschal als gewalttätig, terroristisch, intolerant, frauenfeindlich und antisemitisch zu charakterisieren sowie verschwörungstheoretische Ideen (z. B. über einen drohenden Bevölkerungsaustausch) zu kolportieren. Deutsche soziale Medien bilden demnach einen „toxischen Diskursraum“, dessen rassistische Sprechakte pogromartige Gewalt wie in Hanau fördern können. Der Zusammenhang zu niedrigschwelliger Gewalt (gegen Moscheen, im Alltag) muss besser untersucht werden.

Positiv zu vermerken bleibt, dass vor allem Instagram und auch YouTube-Kommentare einen gewissen Raum für eine muslimische Gegenöffentlichkeit gerade für junge Menschen schaffen. Im Vordergrund stehen hierbei nicht religiöse Themen, sondern Erfahrungen mit Muslimfeindlichkeit und Fragen des Alltags. Es entsteht ein wachsendes und bislang wenig genutztes Reservoir an Gesprächspartner*innen für den Journalismus.

 

Muslimfeindlichkeit – Eine deutsche Bilanz
Bundesministerin des Innern und für Heimat


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