NUR EIN THEMA, WENN ES BRENNT: DIE DEUTSCHE ISLAMBEZOGENE RELIGIONSPOLITIK - ANTIMUSLIMISCHER RASSISMUS

14-05-2024

Nur ein Thema, wenn es brennt: Die deutsche islambezogene Religionspolitik


Das deutsche Religionsverfassungsrecht ist historisch vor dem Hintergrund einer früher dominierenden christlichen Prägung gewachsen. 

Es ist heute säkular – aber nicht laizistisch, sondern religionsoffen – und bietet deshalb grundsätzlich eine gute Basis für gleichberechtigte Teilhabe auch im öffentlichen Raum. Kernelemente des Religionsverfassungsrechts sind staatliche Neutralität und Gleichbehandlung aller Religionen und Weltanschauungen. 

 

Das schlägt sich in einer Fülle gerichtlicher Entscheidungen zugunsten muslimischer Beteiligter nieder. Allerdings bildet die konkrete Umsetzung des Religionsverfassungsrechts in wichtigen Bereichen wie Schulwesen, Seelsorge oder finanzieller Unterstützung sozialer Aktivitäten die gewandelten Verhältnisse noch nicht hinreichend ab. Zudem schlagen sich in manchen Bereichen, insbesondere im Hinblick auf den Umgang mit religiös konnotierter Kleidung (Kopftuch), Vorverständnisse nieder, die zu sachlich nicht hinreichend begründbaren Einschränkungen der Teilhabe an öffentlichen Ämtern führen. 

 

Ferner besteht in weiten Teilen der Bevölkerung ein erkennbarer Bedarf an Information über die Bedeutung der Religionsfreiheit als Grundrecht auch für Minderheiten. Die öffentliche Debatte über die religiös begründete Beschneidung von Jungen wies teilweise deutliche Zeichen von Muslimfeindlichkeit wie auch Antisemitismus auf. 

 

Weiterhin besteht in Deutschland ein Manko wegen der fehlenden Erarbeitung von den heutigen Verhältnissen angemessenen Regelungen der individuellen und kollektiven Religionsfreiheit für alle sowie einer stimmig-systematischen Religionspolitik, welche der gesellschaftlichen Wirklichkeit und den Teilhaberechten aller gerecht wird.

 

Auch aufgrund dieses Mankos werden im Bundestag mehr anlassbezogene als grundsätzliche Debatten zum Thema Islam geführt. Der Überblick über die Positionierungen der im Bundestag vertretenen Parteien zu islampolitischen Fragen verdeutlicht diese Ad-hoc-Erörterungen grundsätzlicher religionsrechtlicher Fragen im Auf und Ab tagespolitischer Ereignisse. Weiterhin zeigt sich die Lückenhaftigkeit bei der Befassung mit islambezogenen Fragen anhand der mit den religionspolitischen Sprecher*innen der Parteien geführten Interviews. 

 

Bei allen Einzelfragen rund um das Thema Islam in Deutschland und in allen demokratischen Parteien wird eine gewisse Bandbreite zwischen Skepsis und – teilweise mit Einschränkungen versehener – Offenheit gegenüber den Anliegen von Muslim*innen deutlich. Zudem wird bei allen Parteien – teilweise unter Nennung bestimmter Bedingungen – eine deutliche Anerkennungsbereitschaft in Hinblick auf sich wandelnde soziale Verhältnisse erkennbar. Diese geht einher mit einer konstruktiven Suche nach Lösungen zur Beantwortung strittiger Fragen und nach sinnvollen Regelungen zu kultureller und religiöser Vielfalt. 

 

Einzig bei der AfD-Fraktion finden sich ausgesprochen abgrenzend-rassistische, verunglimpfende, verallgemeinernde islam- und muslimfeindliche Positionen.

Der interreligiöse Dialog in seinen vielgestaltigen Dimensionen ist hierzulande etabliert, wenn auch nicht immer die Voraussetzung der Augenhöhe gewährleistet ist. 

 

Er hat sich in den vergangenen beiden Jahrzehnten intensiviert und weiterentwickelt. Neben interreligiösen Initiativen und fachwissenschaftlichen Einrichtungen umfasst er eine Vielzahl an Formaten und Ebenen der Begegnung und des Austauschs. Zunehmend wird der Islam auch als ein Inlandsphänomen anerkannt und wahrgenommen. Islambezogene Religionspolitik sollte daher nicht auf Integrationspolitik beschränkt sein oder durch gut gemeinte Förderprogramme einseitige Wahrnehmungen von muslimischen Gläubigen reproduzieren. Es gilt, weiterhin Programme zu entwickeln, durch die religiöse Pluralität anerkannt, religiöse Vielfalt dargestellt und insbesondere muslimische Diversität wahrgenommen werden kann.


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