DER VERTRAG VOM KALIFAT

28-12-2020

DER VERTRAG VOM KALIFAT

 

Durch die Bey´a wird der Gehorsam gegenüber demjenigen verpflichtet, der die Befehlsgewalt besitzt und somit das Recht auf diesen Gehorsam hat. Das Kalifat beruht auf Einverständnis und freie Wahl. Das Einverständnis desjenigen, der das Kalifat durch die Bay´a übernimmt ist genauso erforderlich wie das Einverständnis jener, die ihm die Bay´a leisten. Falls die vorgesehene Person das Amt des Kalifen ablehnt und sich dem Kalifat verweigert, so darf er nicht dazu gezwungen werden oder zur Akzeptanz genötigt werden, vielmehr sollte es in solch einem Falle jemand anderem übertragen werden. Die Bay´a ist ein Vertrag, der -wie jeder andere Vertrag auch- auf Einverständnis und freier Entscheidung basieren muss und nicht auf Zwang und Nötigung. Deshalb kann und darf die Bey´a von Menschen nicht unter Zwang und Nötigung abgenommen werden, da sonst der Vertrag ungültig wäre.

Wenn der Bay´a-Vertrag durch diejenigen, deren Bay´a maßgebend ist, durchgeführt wird, dann ist die Bay´a vollzogen und derjenige, der die Bay´a erhalten hat, ist der neue Befehlshaber, dem Gehorsam verpflichtend gebührt. Die Bay´a der restlichen Menschen ist lediglich eine Bay´a zum Gehorsam und keine Vollzugs-Bay´a für den Kalifats-Vertrag. 

Da das Kalifat ein Vertrag ist, kann es auch nur mit einem Vertragspartner vollzogen werden. Ein Richter beispielsweise kann sein Amt erst dann ausüben, wenn ihm die Richterschaft übertragen wird. Auch ein Herrscher bzw. Führer kann erst dann sein Amt ausführen, wenn ihm dieses Amt übertragen wird. Und in gleicher Weise verhält es sich mit einem Kalifen; ein Kalif kann erst dann sein Amt ausüben, sobald ihm dies übergeben wird. D.h. niemand kann Kalif werden, bis ihn die Muslime damit beauftragen. Er besitzt auch nicht die Befugnisse des Kalifen, solange der Vertrag für ihn nicht vollzogen wurde. Dieser Vertrag kann nur durch zwei Vertragspartner vollzogen werden:

1. der Kandidat für das Kalifat (der für das Kalifat vorgesehen ist),

2. die Muslime (die mit ihm als Kalifen einverstanden sind). 

Ein Tyrann, der die Herrschaft mit Gewalt an sich reißt und sich selbst zum Kalifen erklärt, wird dadurch nicht zum Kalif, weil ihm das Kalifat seitens der Muslimen nicht rechtens übertragen wurde. Auch wenn er den Muslimen die Bay´a unter Zwang und Nötigung abnimmt und sie tatsächlich erfolgt, wird er trotz dessen kein rechtmäßiger Kalif. Eine Bay´a unter Zwang und Nötigung ist nämlich ungültig und das Kalifat somit nicht vollzogen. Wenn ein Tyrann jedoch die Menschen zu überzeugen vermag, dass das Interesse der Muslime in seiner Bay´a liegt, die Aufrechterhaltung der Gesetze des Islams seine Bay´a notwendig macht und die Menschen dies einsehen, sich einverstanden erklären und ihm anschließend die Bay´a aus Einverständnis und freier Wahl leisten, so ist er ab dem Zeitpunkt, an dem er die Bay´a aus freier Wahl erhalten hat, rechtmäßiger Kalif der Muslime, auch wenn er anfangs die Herrschaft mit Gewalt an sich gerissen hat. Bedingung ist, dass die Bay´a aus Einverständnis und freier Wahl erfolgt, dabei spielt keine Rolle ob derjenige, der die Bay´a erhält, bereits vorher Regierender bzw. Machthaber war oder nicht.


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